Auf dem Heimweg von einem Termin fuhr ich an einem Schild vorbei: "Deine Landwirte ernähren auch dich."
Das Schild lies mich nicht nur auf dem Heimweg nicht mehr los. Wenn mir jemand sagt, das etwas "alle" beträfe, will mein Hirn die Ausnahme finden. Mein erster Gedanke war an eine Person, die zurückgezogen im Wald lebt uns sich selbst versorgt, aber viel interessanter war wie wahr die Aussage für die meisten Menschen wohl ist.
Viele von uns ernähren sich inzwischen von stark verarbeiteten Lebensmitteln in Kartons und Plastikpackungen. Die meisten der Zutaten sind nicht ansatzweise in deiner Nähe angebaut worden. Ernähren dich deine lokalen Landwirtys denn nun auch?
Wenn deine Orangen aus Spanien, deine Tomaten aus Holland, deine Mangos aus Brazilien kommen, welcher Teil deines Tellers wird von den lokalen Landwirtys gefüllt, die mit dem Schild deine Aufmerksamkeit möchten?
Wenn deine lokalen Landwirtys Sojabohnen, Mais und Getreide für Tiernahrung anbauen, die dann ins Ausland geht, welchen Teil deines Tellers füllen sie?
In unserem modernen, globalisierten Essensystem ist eine Kluft zwischen lokalen Landwirtys und lokalen Konsumentys. Während es natürlich Wochenmärkte, Gemüsekisten, solidarische Landwirtschaft und ähnliche Konzepte gibt, sind diese nicht wie die meisten Menschen ihren Kalorienbedarf decken -- und erst recht nicht ihren Nährwertbedarf.
Ernähren mich meine lokalen Landwirtys wirklich? Nicht die, die solche Schilder aufhängen, nicht solche, die versuchen meine Sympathie mit der industrialisierten Landwirtschaft zu erwecken. Wir beziehen unsere Zutaten von drei mehr oder weniger lokalen Höfen: einem Hühnerhof, wo wir Eier und Hühnerfleisch kaufen, einem Rinderhof, wo wir Milch und Milchprodukte, sowie Rinderfleisch beziehen und einem Gemüsehof, wo wir unsers Gemüse, Obst und Grünzeug holen, wenn wir selbst nicht anbauen können.Industrielle Landwirtschaft hat mit meinen Gerichten wenig zu tun -- zum Glück.
Und dennoch, wann immer neue Regelungen am Horizont auftauchen, die Landwirtschaft weniger schädlich für unseren Planeten machen sollen, kommen die Lobbies und großen Landwirtys aus allen Löchern gekrochen, protestieren, hängen Schilder auf, versuchen uns zu erinnern, dass unsere Ernährung an ihnen hängt. Aber wenn ernähren die eigentlich?
In der Nähe unserer vorherigen Wohnung war ein weiterer Hof. Dort holte ich ein paar Mal das Stroh vom Vorjahr als Mulch für den Garten ab. Zwei ältere Menschen hielten dort den Laden am Laufen. Einer von den beiden war der Vater des Landwirtys gegenüber, ein riesiger industrieller betrieb. Fast nichts von dem was er anbaut bleibt in der Region. Fast alles geht zum Hafen und von dort in die ganze Welt. Und fast alles, was er dort anbaut ist nicht für den menschlichen Konsum gedacht.
Ein weiterer Kommentar blieb mir in Gedanken: der Vater erzählte, dass sein Sohn jegliche Beziehung zum Land verloren habe. "Er kommt nicht mehr ausm Traktor. Alles Knöpfe und Bildschirme," erklärte er mir. Sein Gesicht verriet, dass er einen Lebensstil vermisste, dne er selbst noch gelebt und geliebt hatte.
Wenn selbst unsere Landwirtys die Beziehung zum Land verloren haben, wer kümmert sich dann um den Boden, der uns alle ernährt?